Barmherzigkeit Gottes und Selbstbestimmung des Menschen

28.08.2020

Barmherzigkeit Gottes und Selbstbestimmung des Menschen

Ich habe vor Kurzem über die Barmherzigkeit Gottes gesprochen. Es gibt viele Koranstellen, in denen Gott Seine Barmherzigkeit erklärt.

Wieder und wieder werden die Gläubigen an die Barmherzigkeit Gottes, an die am meisten genannten Eigenschaft, erinnert. Sie gehört nach islamischem Gottesverständnis zu der herausragenden Eigenschaft Gottes. In der Theologie wurde sie zum ersten Handlungsprinzip Gottes erhoben. Auf sie kann der Mensch zählen, denn Gott hat sich zur Barmherzigkeit verpflichtet.

Sure 6:12: Sag: Wem gehört, was im Himmel und auf Erden ist? Sag: Gott. Er hat sich zur Barmherzigkeit verpflichtet. Er wird euch sicher zum Tag der Auferstehung versammeln, an dem kein Zweifeln besteht. Diejenigen, die ihre Seelen verloren haben, wahrlich diese sind ohne Glauben.“ Darin bestätigt Er von Anfang an Seine absolute Herrschaft und Autorität über Himmel und Erde und dementsprechend auch die Herrschaft über den Menschen.

Dennoch legt Gott sich selbst auf Barmherzigkeit über Seine Schöpfung fest, was seinen Umgang mit der Schöpfung bzw. bis zum Jüngsten Tag und dem Endgericht über den Menschen einbindet, trotz teilweiser gegensätzlicher Eigenschaften z.B. als Qadar, der Vorherbestimmende, Vorsehend. Qadar bedeutet eigentlich auf Arabisch: Zumessung, Maß, Menge.

Aus Barmherzigkeit hat Gott sich den Menschen immer wieder zu erkennen gegeben. Ohne dieses wohlwollende, menschenfreundliche Entgegenkommen Gottes wäre gar keine entsprechende Antwort auf seine Offenbarung möglich.

Diese Barmherzigkeit gibt den Menschen erst die Möglichkeit, nach Gerechtigkeit, Gegenseitigkeit und Solidarität sowie nach der Verehrung des einen Gottes zu streben. Das ist die dankbare Antwort von Menschen auf das Entgegenkommen Gottes – bei allen Fehlern, die Menschen begehen. Denn weiter heißt es in der gleichen Sure, Vers 54: „Euer Herr hat sich zur Barmherzigkeit verpflichtet. Wenn (demnach) einer von euch in Unwissenheit Böses tut und dann später umkehrt und sich bessert (findet er Gnade). Gott ist barmherzig und bereit zu vergeben.“

Wir verstehen unter Barmherzigkeit Mildtätigkeit, tätige Nächstenliebe, Handlungen, ausgelöst durch starke innere Betroffenheit und ähnliches. Gottes Barmherzigkeit ist aber viel mehr.

Er ist als Schöpfer der Menschen allmächtig. Dadurch hat Er die Macht, sich immer wieder als barmherzig zu erweisen.

So hat Gott uns als Statthalter auf Erden gemacht, einer Erde, die Er für uns in bester Ordnung und Weise hergerichtet hat, inclusive Wissen und einen Verhaltenskodex. Wir sind Teil dieser Ordnung, so wie es in der Sure 23:7 heißt:„Er ist es, Der alle Dinge auf die schönste Weise geschaffen hat.“

Auf die schönste Weise! Klingt doch gut! Aber dennoch stellten sich bei mir Fragen ein: z. B. warum lässt Gott zu, dass es irgendwo immer wieder zu Kriegen kommt, Menschen ungewollt sterben müssen, obwohl Er der Barmherzige ist. Wir rufen in unseren Gebeten Gott als Barmherzigen auf, uns Gesundheit und Frieden zu geben.

Ich könnte jetzt mit der Floskel darauf antworten: ‚Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.‘ In der islamischen Überlieferung äußert der Prophet auf die Frage des Zusammenhangs von Gottvertrauen und eigenem Handeln: „Soll ich mein Kamel anbinden und vertrauen oder nicht anbinden und vertrauen?“ mit „Binde es an und vertraue auf Allah!“ Es ist eine sprichwörtliche Aufforderung, seine Aktivität in die eigene Hand zu nehmen und keinem anderen zu überlassen.

Nun fallen mir gleich weitere Fragen dazu ein, die ich bisher nicht erwähnt habe.

Warum hat Gott gerade den Menschen für Seine Barmherzigkeit auserkoren?

Was bedeutet sie für den Menschen?

Da fiel mir sozusagen die Binde von den Augen: Hatte nicht Gott uns als Statthalter die Erde zu unserem Nutzen überlassen?

In Sure 2:30-37 wird von der Erschaffung Adams berichtet. Gott kündigt den Engeln an, dass er einen Stellvertreter (Khalīfa) auf Erden einsetzen werde. Nach Verwunderung der Engel erschafft Gott Adam und lehrt ihn die Namen aller Dinge. Dieses Wissen zeichnet ihn vor den Engeln aus, denn die Engel kennen die Namen der Dinge nicht: „Und als dein Herr zu den Engeln sagte: ‚Wahrlich, Ich werde auf der Erde einen Khalifa einsetzen,‘ sagten sie: ‚Willst du auf ihr jemanden einsetzen, der darauf Verderben anrichtet und Blut vergießt, während wir doch Dein Lob preisen und Deine Herrlichkeit rühmen?‘ Er sagte: ‚Wahrlich, Ich weiß, was ihr nicht wisst.‘“

Mit diesem Einsetzen als Gottes Stellvertreter sind wir also selbst verpflichtet, für Sicherheit und Frieden und Ernährung zu sorgen. Das ist das, was Gott meint mit Barmherzigkeit. Er überlässt uns nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Der Mensch als Statthalter, das heißt, dass Er nicht in unsere Angelegenheiten eingreift. Er überlässt und erlaubt uns, mit Seinen Schöpfungen nach unserem Willen umzugehen, im Guten wie im Schlechten. Das ist ein starker Beweis für Gottes Barmherzigkeit!

Hier habe ich die Antwort darauf, wenn ich Gott um etwas bitte und es geschieht nichts oder noch nicht. Es liegt in meiner Macht, diese Bitten umzusetzen. Ich helfe mir selbst, dann hilft mir Gott! Gott hat mir ja viele Qualitäten mit auf den Weg gegeben, auf sie muss ich mich berufen. Also hat mir nun doch Gott geholfen und dennoch hat Er nicht in mein Leben eingegriffen. Dieses Nichteingreifen, das ist Barmherzigkeit in höchster Form.

Er überlässt uns die Macht über unser Tun, Rechenschaft wird Er dennoch von uns am Tag des Gerichts verlangen.

Ja, Gott wusste, dass der Mensch auch grausam sein konnte, Kriege als Machtinstrument benutzen würde. Und auch wenn es manchmal so aussieht, als wenn Er die Menschen in Stich lassen würde, Er hat niemals aufgehört, zu ihnen barmherzig zu sein. Gott liebt den Menschen, immer und bedingungslos.

Nein, Er lässt uns nicht allein. So glaube ich, dass Er heute noch mit uns spricht. Wir verstehen nur nicht oder nicht gleich seine Zeichen. Vielleicht müssen wir mehr auf unser Bachgefühl, auf unsere innere Stimme‘ hören und vertrauen.

Er wirkt indirekt auf uns ein, auf unsere Seele, vielleicht im Schlaf, wenn unsere Seele für kurze Zeit zu Ihm zurückkehrt. Er gibt uns Ratschläge, ohne dass wir es merken und stand von Anbeginn unseres Werdeganges an unserer Seite. So, wie Er Adam Worte eingegeben hat, so wird Er es vielleicht mit allen seinen Nachkommen getan haben und noch tun, immer zeitgemäß die passenden Worte, damit der Mensch sich entwickeln und entfalten kann, ohne auf die Situation des Menschen einzuwirken. Ich denke, Er gibt für uns unbewusst die passenden Anweisungen, Warnungen, hilft uns indirekt und verhüllt. Bei Krankheiten z. B. hilft Er uns möglicherweise durch Ratschläge bei der Herstellung neuer Medikamente. Vielleicht hat so manch einer von euch ein komisches Gefühl gehabt, als ob er etwas gesehen, gehört, gedacht oder nur gefühlt hat, was ihr nicht einordnen konntet. Vielleicht hat Gott da seine ‚Finger im Spiel‘ gehabt und euch auf etwas hingewiesen?

Hat Er die Menschen nicht ständig Denkanstöße durch den Koran gegeben und gibt sie bis heute? Spricht Er nicht durch ihn mit uns? Eine Form war ja die Kommunikation durch die Propheten, an denen seine Zuhörer ihre Fragen und sicherlich auch Bitten gestellt haben und Gott daraufhin in einer neuen Sendung geantwortet hat?

Wir bitten Ihn und sind möglicherweise enttäuscht, wenn nichts passiert. Es steht ja nicht fest, wann Er hilft.

Wenn Gott uns ständig helfen würde, würden wir uns dann noch anstrengen, bei der Arbeit, beim Zusammenleben in der Gemeinschaft? Würden wir dann noch diejenigen sein, die Gott die Erde anvertraut hat, mehr noch: das würde dann keine Barmherzigkeit mehr sein. Stellt euch vor, wenn Gott bei der Befruchtung einer Eizelle auf Bitten der Eltern um ein gesundes Kind (oder ein Junge) eingreifen würde, würde sich Gott da nicht in die Belange der Menschen einlassen? Würde das nicht letztendlich ein Eingriff in Seine Schöpfung des Menschen sein, nur aus Liebe und Barmherzigkeit zu den Menschen? Nein, Seine Barmherzigkeit bedeutet, sich nicht einzumengen in Angelegenheiten der Menschen, weder in Kriege und Umweltschädigung. Aber dennoch setzt Gott in uns großes Vertrauen. Er zwingt uns, selbst tätig zu werden und nicht auf Wunder zu warten. Das ist Seine Hilfe und Barmherzigkeit.

Aber mit der Überlassung der Erde hat Er uns noch etwas mitgegeben: Die Barmherzigkeit der Menschen zueinander. Indem sich Gott durch seine Barmherzigkeit und Liebe dem Menschen nähert und sich ihm offenbart, macht Er sozusagen den ersten Schritt und hofft auf die Erwiderung durch die Liebe des Menschen zu Ihm. Das heißt: Die Barmherzigkeit Gottes will durch den Menschen erkannt und verstanden werden und in dem Handeln des Menschen sich widerspiegeln.

Es gibt ein Hadith von Bukhari, das besagt: „Allah ließ die Barmherzigkeit aus 100 Teilen entstehen, behielt davon 99 Teile bei sich und sandte nur einen Teil davon auf die Erde hinab. Aus diesem Teil üben die Geschöpfe Barmherzigkeit untereinander aus. Dies ist der Fall, wenn etwa eine Pferdestute ihren Huf von ihrem Fohlen hochhebt, damit sie es nicht verletzt.

Aus diesem Hadith geht hervor, dass Barmherzigkeit nicht nur Menschen, sondern alle Lebewesen umfasst. Barmherzige Menschen tragen also einen Teil der göttlichen Barmherzigkeit in sich. Und die Barmherzigkeit des Menschen drückt sich in den Maßstäben der Ethik aus: Das heißt: Ich möchte genauso behandelt und respektiert werden, wie ich jemanden behandle und respektiere. Es spiegelt das Verhältnis in den Beziehungen des Menschen zu den Menschen wider. Das heißt: Es ist ausgeübte Barmherzigkeit im Sinne Gottes. Und somit schließt sich der Kreis: Der Mensch handelt durch die Barmherzigkeit Gottes barmherzig zu Gottes Werken.

Er wirkt indirekt auf uns ein, auf unsere Seele, vielleicht im Schlaf, wenn unsere Seele für kurze Zeit zu Ihm zurückkehrt. Er gibt uns Ratschläge, ohne dass wir es merken und stand von Anbeginn unseres Werdeganges an unserer Seite. So, wie Er Adam Worte eingegeben hat, so wird Er es vielleicht mit allen seinen Nachkommen getan haben und noch tun, immer zeitgemäß die passenden Worte, damit der Mensch sich entwickeln und entfalten kann, ohne auf die Situation des Menschen einzuwirken. Ich denke, Er gibt für uns unbewusst die passenden Anweisungen, Warnungen, hilft uns indirekt und verhüllt. Bei Krankheiten z. B. hilft Er uns möglicherweise durch Ratschläge bei der Herstellung neuer Medikamente. Vielleicht hat so manch einer von euch ein komisches Gefühl gehabt, als ob er etwas gesehen, gehört, gedacht oder nur gefühlt hat, was ihr nicht einordnen konntet. Vielleicht hat Gott da seine ‚Finger im Spiel‘ gehabt und euch auf etwas hingewiesen?

Hat Er die Menschen nicht ständig Denkanstöße durch den Koran gegeben und gibt sie bis heute? Spricht Er nicht durch ihn mit uns? Eine Form war ja die Kommunikation durch die Propheten, an denen seine Zuhörer ihre Fragen und sicherlich auch Bitten gestellt haben und Gott daraufhin in einer neuen Sendung geantwortet hat?

Wir bitten Ihn und sind möglicherweise enttäuscht, wenn nichts passiert. Es steht ja nicht fest, wann Er hilft.

Wenn Gott uns ständig helfen würde, würden wir uns dann noch anstrengen, bei der Arbeit, beim Zusammenleben in der Gemeinschaft? Würden wir dann noch diejenigen sein, die Gott die Erde anvertraut hat, mehr noch: das würde dann keine Barmherzigkeit mehr sein. Stellt euch vor, wenn Gott bei der Befruchtung einer Eizelle auf Bitten der Eltern um ein gesundes Kind (oder ein Junge) eingreifen würde, würde sich Gott da nicht in die Belange der Menschen einlassen? Würde das nicht letztendlich ein Eingriff in Seine Schöpfung des Menschen sein, nur aus Liebe und Barmherzigkeit zu den Menschen? Nein, Seine Barmherzigkeit bedeutet, sich nicht einzumengen in Angelegenheiten der Menschen, weder in Kriege und Umweltschädigung. Aber dennoch setzt Gott in uns großes Vertrauen. Er zwingt uns, selbst tätig zu werden und nicht auf Wunder zu warten. Das ist Seine Hilfe und Barmherzigkeit.

Aber mit der Überlassung der Erde hat Er uns noch etwas mitgegeben: Die Barmherzigkeit der Menschen zueinander. Indem sich Gott durch seine Barmherzigkeit und Liebe dem Menschen nähert und sich ihm offenbart, macht Er sozusagen den ersten Schritt und hofft auf die Erwiderung durch die Liebe des Menschen zu Ihm. Das heißt: Die Barmherzigkeit Gottes will durch den Menschen erkannt und verstanden werden und in dem Handeln des Menschen sich widerspiegeln.

Es gibt ein Hadith von Bukhari, das besagt: „Allah ließ die Barmherzigkeit aus 100 Teilen entstehen, behielt davon 99 Teile bei sich und sandte nur einen Teil davon auf die Erde hinab. Aus diesem Teil üben die Geschöpfe Barmherzigkeit untereinander aus. Dies ist der Fall, wenn etwa eine Pferdestute ihren Huf von ihrem Fohlen hochhebt, damit sie es nicht verletzt.

Aus diesem Hadith geht hervor, dass Barmherzigkeit nicht nur Menschen, sondern alle Lebewesen umfasst. Barmherzige Menschen tragen also einen Teil der göttlichen Barmherzigkeit in sich. Und die Barmherzigkeit des Menschen drückt sich in den Maßstäben der Ethik aus: Das heißt: Ich möchte genauso behandelt und respektiert werden, wie ich jemanden behandle und respektiere. Es spiegelt das Verhältnis in den Beziehungen des Menschen zu den Menschen wider. Das heißt: Es ist ausgeübte Barmherzigkeit im Sinne Gottes. Und somit schließt sich der Kreis: Der Mensch handelt durch die Barmherzigkeit Gottes barmherzig zu Gottes Werken.

Manaar

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