Eierfest, Zuckerfest – was feiern wir da eigentlich?
Autorin: Susanne Dawi
„Wann ist eigentlich das Eierfest?“, fragte mich vor ein paar Tagen ein Neuberliner aus Syrien. „Das Eierfest ist im April – es heißt eigentlich Ostern“, antwortete ich. Keine zwei Tage später fragte mich eine Arbeitskollegin: „Wann ist eigentlich das Zuckerfest?“ – Da musste ich dann aber doch ein wenig lächeln – Eierfest, Zuckerfest, was gibt es denn noch Leckeres zu zelebrieren? Ach ja, das Spargelfest!
Es mag nicht ganz auf der Höhe abiturieller Bildung sein, die Feste nach ihren Hauptspeisen zu benennen, aber es funktioniert. Jeder Deutsche weiß, dass mit „Eierfest“ wohl Ostern gemeint ist, und wir Muslime wissen inzwischen, dass „Zuckerfest“ das Eid al fitr beschreibt. Zu diesem schreibe ich bei Gelegenheit einen kleinen Blogtext. Heute geht es um das Osterfest.
Ostern fällt dieses Jahr auf den 21. April, also schon recht bald. Auf dem Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) wurde festgelegt, dass Ostern immer auf den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond fällt. Das Datum ist also jedes Jahr ein wenig unterschiedlich. Was hat es mit diesem Fest der Christen auf sich? Kurz gesagt: Es ist das Fest der Auferstehung des Propheten Jesus.
Als Jesus etwa eine Woche vor seinem Tod mit seinen Jüngern in Jerusalem ankam, um das jüdische Pesachfest zu feiern, begann seine so genannte Leidenswoche. Der erste Tag dieser Karwoche ist der Palmsonntag. Einerseits wurde Jesus in Jerusalem von seinen Anhängern gefeiert, andererseits empfanden ihn die religiösen Machthaber als Bedrohung und wollten seine Vernichtung. Sie boten Geld für denjenigen, der ihnen zeige, wo sich Jesus aufhielt. Judas, einer von Jesus‘ Jüngern, erlag diesem Versprechen der Priester. Am Donnerstag Abend saß Jesus zum Abendmahl mit seinen Jüngern auf dem Ölberg, um das Pesachritual zu begehen. Die römischen Soldaten waren von Judas informiert worden, wo Jesus zu finden sei. Nun mussten sie aber noch wissen, welcher der vielen Männer Jesus war. Als die Soldaten vor der Menge standen, gab Judas dem Propheten einen Kuss – so wussten die Soldaten: dieser Mann war Jesus von Nazareth.
Jesus wurde gefangen genommen und am nächsten Tag – so sagen die Christen – an das Kreuz genagelt. Nach seinem qualvollen Tod nahm man ihn vom Kreuz ab, wickelte ihn in Tücher und trug ihn in eine Höhle. Diese wurde mit einem großen Stein verschlossen.
Die Nacht verging, und auch der darauf folgende Samstag. Am Sonntag Morgen ging Maria Magdalena zur Höhle, um den Leichnam ihres geliebten Propheten zu besuchen. Doch sie fand den Stein zur Seite geschoben, die Höhle also geöffnet, und der Prophet war nicht darin. So gingen die Jünger davon aus, dass Jesus in den Himmel gegangen war. Fünfzig Tage später, zu Pfingsten, zeigte sich Jesus den Jüngern in Form von Fleisch und Blut, doch zunächst blieb er verschwunden.
Der Freitag vor Ostersonntag heißt Karfreitag. Es ist der Todestag des Propheten Jesus.
Ostersonntag ist der Tag seiner Auferstehung. Das Osterfest ist das wichtigste christliche Fest des Jahres, denn ohne diese Auferstehung hätte die Geburt Jesus, also das Weihnachtsfest, weit geringere Bedeutung. Soviel also zum religiösen Aspekt von Ostern.
Was hat das mit Eiern zu tun? In vielen Kulturen der Welt wird im Frühling die Fruchtbarkeit gefeiert. Diese ist symbolisiert durch das Ei. Eierschalen wurden schon lange vor dem Christentum beispielsweise von den Sumerern dekoriert. Die Christen haben aber das Ei für ihr Osterfest umgedeutet. Außen tote harte Schale, ist innen doch neues Leben. So ist das Ei ein Symbol für die Auferstehung geworden.
Das kann man sehen, wie man möchte. Jedenfalls haben wir Jahrhundertelang in Gedenken an Jesus‘ Auferstehung das Osterfest gefeiert und dazu Eier gefärbt und gegessen. In letzter Zeit scheinen sich die Feste von ihren religiösen Grundlagen zu entfernen und Traditionsfeste, oder Kulturfeste, zu werden. Unabhängig von der Religion färbt, sucht und isst man heute zu Ostern viele Eier. Wird also einerseits die religiöse Bedeutung vergessen, so stiftet diese Art des Feierns andererseits Gemeinschaft, denn nun können alle gemeinsam an den Festen teilhaben, ganz ohne ideologische Zugehörigkeit. Ob man das gut oder schlecht findet, sei hier jedem selbst überlassen.
In diesem Sinne wünschen wir allen Christen ein frohes Osterfest und uns allen gemeinsam ein frohes Eierfest. Vor allem den Kindern.
Ich habe 15 Kilo Bonbons in mein Geburtsort in Anatolien geschickt. Für die Kinder dort