Vortrag bei der Freiheitlichen Akademie

SEYRAN ATEŞ

13.11.2018 WIEN

Meine Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Strache,

das Thema meines Vortrages lautet: „Der politische Islam und seine Gefahren für Europa“

Doch bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme – falls es noch Zeit dafür bleibt, muss ich manches voranschicken und sehr gerne mit ihnen allen zunächst besprechen.

Man könnte als Oberüberschrift „Demokratie und Meinungsfreiheit“ nehmen. Oder die Frage:

„Darf man mit Rechten sprechen?“ nach einem gleichlautenden Zeitungsartikel von Jan Feddersen in der Tageszeitung die TAZ vom 10.11.2018.

Beginnen will ich mit einem Zitat:

„Es ist klar, dass jeder, der einen Menschen, seinen Bruder (moderne Korrektur: und Schwester, wegen dessen abweichender Meinung verfolgt, eineerbärmliche Kreatur ist.“  – Voltaire

Nun zu uns:

Sie, die FPÖ sind die Rechten und man bezeichnet sie als eine Gefahr für die Demokratie. Man sagt ihnen nach, dass man vor ihrem Nationalismus warnen muss und hat dabei – wen wundert es – die Geschichte im Auge. Die Geschichte, in der aus blindem, menschenverachtenden Nationalsozialismus heraus Millionen Juden und Andersdenkende ermordet wurden. Nur, weil sie anders waren, als die „Herrenmenschen“, als die sie sich bezeichnet haben.

Ich komme aus dem Linken, Linksliberalen Eck und  bin eine Frauenrechtlerin, Menschenrechtsaktivistin, Rechtsanwältin und Autorin, die eine liberale Moschee in Berlin eröffnet hat. Ich bin eine Frau, die sich erlaubt zu lieben, wen sie will, unabhängig vom Geschlecht. In den sozialen Medien werde ich als kinderlose Lesbe bezeichnet. Das ist für mich keine Beleidigung.

Warum schicke ich das alles voraus? Weil mein Besuch, hier bei Ihnen, Wellen geschlagen hat, die immens sind.

Einer der Gesellschafter der Moschee hat sogar gestern Abend auf Facebook seine Kündigung verkündet. Heute morgen hatte ich die Kündigung als Email. Der Grund: inhaltliche Differenzen, weil ich ihre Einladung angenommen habe.

Schon die Debatte darüber, mit wem man in einer Demokratie reden sollte und mit wem nicht, ist eine wertvolle und lange überfällige und ich bin froh, wenn ich mitgeholfen habe, sie anzustoßen.

Ich bin immer ein Mensch des Dialogs gewesen und werde das auch bleiben. Ich rede mit allen. Das mögen manche für falsch halten, aber es ist meine Überzeugung, dass eine Demokratie nur so verteidigt werden kann. Wenn es keine Worte mehr gibt, gibt es Gewalt.

Ich bezeichne mich selbst gerne als Verfassungspatriotin, weil ich von den in unserer Verfassung niedergelegten Werten überzeugt bin und sie täglich aktiv verteidige. Dafür zahle ich einen hohen Preis und lebe seit vielen Jahren unter Personenschutz, aber der Preis des Schweigens wäre höher.

Ich bin in meinem Leben schon als PKK-Anhängerin, Gülen-Terroristin, AFD-Sympatisantin und Linke Bazille beschimpft worden. Nur weil ich mit Menschen rede. Man hat mir angedroht mich zu ermorden, vergewaltigen, zerstückeln und foltern.

Nach 4 Jahren Islamkonferenz und Dialog mit den konservativen Verbänden habe ich nicht die Position von DITIB, Zentralrat der Muslime oder fundamentalen Shiiten übernommen, sondern beschlossen, eine liberale Moschee zu gründen. Wer meine Aktivitäten verfolgt und Bücher gelesen hat, wird merken, dass ich meiner Linie immer treu geblieben bin.

Ich war mir sehr wohl bewusst, dass meine Zusage hier vor Ihnen, vor der FPÖ, zu sprechen in der Öffentlichkeit Diskussionen hervorrufen würde. Das sollte mich jedoch nicht davon abhalten mit ihnen zu diskutieren. Eine Diskussion ist meist gut und der einzige Weg Gräben zu schließen. Der Dialog wird immer wieder beschworen.

Was ist daran falsch ihn auch mit Menschen zu führen, mit denen die Ansichten offensichtlich weit auseinandergehen?

Als ich mich gegen die Einladung des Herrn Erdogan in Deutschland und vor allem gegen den Rahmen ausgesprochen habe, hieß es von Journalisten, er sei ein Staatsmann und bei einer Einladung eines Staatsmannes muss das Protokoll, das alles erfüllen: roter Teppich, Militär-Kapelle, Essen im Schloss etc.

Darüber hinaus wurde mir aber vorgehalten, warum ich gegen einen Dialog bin. Man dürfe doch den Dialog nicht abbrechen. Diese Argumente kamen aus allen Lagern, auch aus dem Links-Liberalen Lager.

Also, warum nicht auch den Dialog mit ihnen, den Rechten suchen? So ist meine Haltung. Ich bin weiß Gott nicht die einzige Person, die das so sieht. Ich plane auch bald nach Chemnitz zu gehen, um mit den dortigen Rechten zu reden, weil ich den Versuch unternehmen möchte, zu verstehen, was in Chemnitz passiert, weil ich mir ein eigenes Bild machen möchte.

Nun, bei ihnen, bei der FPÖ handelt es sich zudem auch noch um eine Partei, die in der Regierung und somit in der Verantwortung ist. Sie wurden demokratisch von einer nicht unerheblichen Zahl von Menschen gewählt.

Das bedeutet nicht, dass man mit Ihnen in allen Dingen einer Meinung sein muss und Sie nicht kritisieren darf. Das bedeutet nur, dass es durchaus eine beachtliche Zahl an Menschen gibt, die sie in der Regierung wollten.

Auch dieses Argument höre ich in Sachen Erdogan sehr oft. Erdogan wurde demokratisch von einer Mehrzahl gewählt.

Daher dachte ich, davon bin ich immer noch überzeugt, dass es gut ist, wenn ich Ihnen meine Ansichten über den politischen Islam vortrage und ihnen einige Anregungen meinerseits mitgebe, um das Thema in ihrer Partei zu diskutieren. Denn auch in ihrem Land macht sich der politische Islam weiterhin breit. Ich würde auch gerne, vor allem öffentlich mit Herrn Erdogan diskutieren und ihm meine Meinung über ihn ins Gesicht sagen.

Selbstverständlich bin ich nicht gekommen, um Sie für ihre Ansichten zu beleidigen oder mich von ihnen vereinnahmen zu lassen oder plötzlich die Farbe Blau anzunehmen. Das wird mir in den sogenannten sozialen Medien von einigen unterstellt.

Ich werde nach der Veranstaltung im Hotelzimmer dennoch zu Sicherheit sehr tief in den Spiegel schauen müssen, nach alledem, was in den sozialen Medien verbreitet wird. Denn die Gefahr soll sehr groß sein, dass ich als Rechte aus diesem Saal trete. Bzw. sehe viele meinen heutigen Auftritt hier als Beweis, dass Seyran Ates doch eine Rechte ist.

Nun, mit Polemik kommen wir nicht weiter. Ich will es auch dabei belassen. Keine Sorge, auch sie werden den Saal nicht plötzlich als Linke verlassen.

Auch wenn ich aus der „linken Ecke“ komme und zu vielen Werten dieser Bewegung auch heute noch stehe, möchte ich ein Faktum unterstreichen: Bei einem Dialog mit der Gesellschaft zu Fragen in Sachen Islam, den Frauenrechten, der Mitbestimmung, Migration, die Zukunft der westlichen Wertegemeinschaften, Europa ist es unabdingbar, mit ALLEN politischen Gruppierungen im Dialog zu stehen, welche sich auf dem Boden von Demokratie und Menschenrechten befinden.

In Deutschland und Österreich gibt es darüber hinaus nun eine große Bewegung, angeregt durch Medien wie „Die Zeit“ und „Der Standard“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Dialog mit Andersdenkenden neu zu entfachen, um so aus seiner „Blase“ herauszukommen, neue Ideen und Anregungen zu erhalten und gleichzeitig Toleranz und Akzeptanz gegenüber seinen MitbürgerInnen neu zu leben, auch wenn diese eine andere Meinung haben. Diesem Gedanken folgend stehe ich hier vor Ihnen und möchte mit meiner Teilnahme hier in der Freiheitlichen Akademie zum Ausdruck geben:

FREIHEIT IST DIE FREIHEIT DES ANDERSDENKENDEN (Rosa Luxemburg)

Und:

Toleranz besteht nicht darin, daß man die Ansicht einesanderen teilt, sondern nur darin, daß man dem anderen das Recht einräumt,überhaupt anderer Ansicht zu sein.  (Viktor Frankl)

Wir befinden uns aber offensichtlich in einer Zeit, in der man weder Andersdenke akzeptiert noch mit ihnen sprechen will. Das ist mehr als traurig. Denn das ist der Anfang vom Ende eines friedlichen Europas und einer Demokratie.

Ohne einen demokratischen Diskurs werden wir alle verlieren. Egal ob Links oder Rechts. Wir werden Europa an Menschen verlieren, die nur eine Meinung zulassen.

Daher ist es heute mehr denn je wichtig, den Dialog zu suchen. So habe ich Demokratie gelernt. So ist mein Verständnis von Demokratie. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass eine einseitige Stigmatisierung von gegensätzlichen Meinungen nicht zielführend sein kann bei gesellschaftspolitischen Debatten.

Seit vier Tagen tobt nun der wohlbekannte Bär in den sozialen Medien. Wobei ich das soziale an diesen Medien noch nicht entdeckt habe. Ich lese die Postings nicht, weil ich mich nicht Ärgern, sondern meine Arbeit machen will. Mir werden die Postings gefiltert zugetragen.

Neben viel übler Nachrede und Hetze, werde ich von unzähligen Personen zur Rechenschaft aufgefordert, zu erklären, warum ich hier vor Ihnen spreche. Vor der FPÖ. Manch einer will wissen, ob er sich verlesen habe oder dies lediglich üble Nachrede meiner Gegner sei.

Alle Kritiker und Kritikerinnen meines heutigen Vortrages hier vor Ihnen sind sich darin einig, dass Ihre Partei eine „gefährliche Rechte“ ist, die mich für ihre islamfeindlichen Ziele missbrauchen will. Man unterstellt mir damit, dass ich mich kopflos vor ihren Karren spannen lasse. Beziehungsweise man gibt mir Ratschläge, aufzupassen, dass ich das nicht zulasse.

Meine Damen und Herren: Ich kämpfe nicht gegen den Islam, sondern gegen das Patriarchat und den politischen Islam.

Ich bin gekommen, um ihnen meine Ansichten zum politischen Islam vorzutragen, nicht um ihrer Partei beizutreten oder ihre Partei zu unterstützen. Ich erlaube mir respektvoll auch Sie zu kritisieren, an den Stellen, die mich beschäftigen.

Ich möchte mit Ihnen als Rechten sprechen, so wie sie mit mir sprechen wollten und mich deshalb eingeladen haben.

Und welch ein Zufall:

Jan Feddersen schrieb, wie oben bereits erwähnt – am 10.11.2018 einen Artikel in der TAZ  mit der Überschrift: „Soll man mit Rechten sprechen?“

Ich zitiere:

„Denn was ist überhaupt rechts? Klar, völkischer Dreck, Hitler reloaded etc. – der ganze Lärm um wenig, denn die AfD ist weit entfernt von dem, was Mehrheit genannt werden könnte. Linke haben in den vergangenen Jahren viel zu viele Haltungen (und jene, die so argumentierten) als rechts bezeichnet und diskreditiert. Frauen wie Necla Kelek, weil sie am Islam viel auszusetzen hat; wer an der Flüchtlingspolitik der Regierung Merkel herummäkelte, war plötzlich auch rechts, abenteuerlicherweise Sahra Wagenknecht oder Wolfgang Streeck; wer die Ehe für alle bürgerrechtlich geboten fand, war, aus queeristischer Sicht, rechts – der Beispiele ließen sich noch viele anfügen, man bräuchte viele Zeitungsseiten Platz.“ Zitat Ende.

Alice Schwarzer und ich werden auch gerne als Rechts bezeichnet, weil wir in Sachen Islam und Frauenrechte sehr kritisch sind. Für Erdogan sind alle Menschen, die ihm nicht gefallen, Gülen-  oder PKK-Anhänger und somit Terroristen. In Europa ist man ganz schnell Rechts und ein Nazis, weil man nicht jeden Mensch liebt und toll findet, der nach Europa zugezogen, wie auch immer.

Es gibt Menschen, die ich aufgrund ihrer politischen und charakterlichen Haltung ablehne. Und zwar unabhängig vom Pass und Aufenthaltsstatus.

Die Debatten um Migration und politischen Islam wurden nun solange so polarisierend geführt, dass die Rechten tatsächlich gewachsen ist. Die Verantwortung hierfür wird aber nicht bei denjenigen verortet, die sich weigern Probleme zu sehen und anzugehen, sondern bei denen die Probleme benennen.

Das bedeutet natürlich nicht, dass ich es toleriere, wenn Probleme mit Migranten und dem politischen Islam für Fremden- und Islamfeindlichkeit missbraucht werden. Über all das müssen wir reden.

War das Reden und Diskutieren nicht der Weg zum Frieden und zur vielgelobten Aufklärung in Europa?

Es gibt eine türkische Weisheit, die ich von meiner Familien gelernt habe: „Halte Deine Freunde Dir sehr nahe, Deine Feinde noch näher. „

Wenn ich urteile und klage über die Ansichten anderer Menschen, dann kann ich dies doch nur tun, wenn ich ihre Bücher lese und mich mit ihren Ansichten auseinandersetze. Ich kann auch eine politische Partei doch selbst und ganz höchstpersönlich nur dann bewerten, wenn ich mich mit ihr beschäftige. Zudem kann ich doch ein Umdenken in den Köpfen von Menschen, wenn ich der Ansicht bin, dass meine Ansichten die besseren sind und ein Umdenken bewirken könnten, nur bewirken, wenn ich mit den Menschen spreche, um die es geht.

Menschen die unterschiedliche Ansichten haben sollten ihre Ansichten doch direkt aus den Mündern der Anderen hören und es sollten doch Gelegenheiten geschaffen werden, in denen man miteinander diskutiert, streitet und nach Lösungen sucht. Alles andere führt nur zu Gewalt.

Große Teile der Linken gefällt sich aktuell sehr darin alle und jeden als Rechts zu bezeichnen und fühlt sich in dieser Zuordnung auf der richtigen Seite, weil die Welt, die von Ihnen in Rechts und Links aufgeteilt wird nur auf der linken Seite gut wäre und die Rechten (dazu zählen alle, die nicht links sind) böse/falsch/schlecht seien.

Nun muss ich leider sagen, dass ich seit drei Tagen und in diesen Stunden hauptsächlich von Linken und Islamisten in den sozialen Medien beschimpft, beleidigt und verunglimpft werde.

Es findet ein Form von übler Nachrede statt, die im Islam eine große Sünde darstellt. Die Muslime, die mich gerade in den sozialen Medien zur Rassistin, Islamfeindin und zum Nazi erklären, weil ich hier vor Ihnen spreche, fühlen sich als die guten, die wahren Muslime, die darüber entscheiden, wer sich überhaupt Muslim nennen darf.

Diejenigen, die sich als links und liberal bezeichnen und mich nun im Netz zerreißen, fühlen sich darin bestätigt, dass ich eine Islamfeindin bin.

Diese Form von Extremismus und radikaler Rufschädigung hat sich inzwischen in den sozialen Medien etabliert. Menschen oder Länder legen Fakeaccounts an, um den Ruf bestimmter Menschen in der politischen Öffentlichkeit zu zerstören.

Genau aus diesem Grunde habe ich mit Freunden aus Österreich im Jahre 2017 die Europäischen Bürgerinitivative StopExtremism gegründet. Wir machen uns Sorgen um die fundamentalen Rechte in Europa. Wir machen uns Sorgen um das Friedensprojekt Europa. Sie können sich auf unserer Homepage darüber informieren.

www.stopextremism.eu

Ist diese Hetze gegen mich im Netz die vielbeschworene Aufklärung, die angeblich gegen Rechts verteidigt wird?

Entspricht diese Debattenkultur, wenn man sie überhaupt so nennen darf, den Ansichten der Freiheitskämpfer/innen und Friedensstifter/innen, die vor einhundert Jahren nur über den Dialog und konstruktiven Streit den furchtbaren 1. Weltkrieg beendet haben, den Nationalismus nach dem 2. Weltkrieg überwunden haben und schließlich Frieden schließen konnten?

Macron und Merkel sprachen sich in diesen Tagen für einen gesunden aufgeklärten Patriotismus aus. Beide haben zurecht unterstrichen, dass der Nationalismus ein Übel ist, dem wir nie wieder zum Opfer fallen sollten. So sehe ich das auch.

Ich bin hier um Ihnen zu sagen, dass ich eine türkisch-kurdisch-deutsche Verfassungspatriotin bin, eine Verfassungspatriotin, die im Erstarken des Nationalismus in Europa eine genauso große Gefahr sieht, wie im politischen Islam.

Denn am Ende des Tages verfolgen beide dieselbe Ideologie: Sich zu erheben, über andere Nationen oder andere Religionen und Staatsformen.

Was haben Menschen wie Voltaire und Kant gemacht, Menschen auf die sich jeder Demokrat und aufgeklärte Mensch in Europa beruft, wenn es um die europäischen Werte geht? Sie haben dafür gekämpft, offen ihre Meinung sagen zu dürfen, sie haben politische Clubs und Parteien gegründet, um die Gesellschaft zu verändern durch Gespräche, Texte und Diskussionen.

Der Prozess der Veränderung ging über den Dialog, den Streit, die Texte die für und gegen ein Thema geschrieben wurden. Die Aufklärung wurde durch Intellektuelle betrieben, Akademiker, die nachgedacht habe, die ihr Leben dafür riskiert und hergegeben haben, dass sie offen ihre Meinung sagen, schreiben und veröffentlichen dürfen.

Mir ist es ein großes Anliegen, mich zu bestimmten Themen zu äußern, dazu gehören die Sache der Frauen, die Gleichberechtigung der Geschlechter, dazu gehören die Sache der LGBTQ und dazu gehört unter anderem die wahre , vollumfängliche Religionsfreiheit.

Ich muss das leider betonen, denn das wissen offensichtlich nicht alle Menschen, die sich auf die Religionsfreiheit berufen, dass die Religionsfreiheit mehr beinhaltet, als das Recht des Einzelnen einer Religion anzugehören und diese Religion auszuüben, dazu gehört auch, dass der andere seine Religion haben darf und zwar auch wenn er an einen anderen Gott oder an viele andere Götter glaubt.

Zur Religionsfreiheit gehört auch das Recht, eine Religion zu verlassen und an gar keine Religion oder Gott zu glauben, ohne Angst, dafür getötet zu werden.

Der politische Islam sieht das alles anders, darüber wollte ich eigentlich heute mit ihnen reden. Über Islamisten, die – wie in Belgien bereits passiert – islamistische Parteien gründen und von einem Belgien träumen, dass zum 1. Islamisches Land in Europa  erklärt wird.

Mit welcher Absicht wollte ich dazu vortragen?

Mit der Absicht, Unterstützung zu erhalten, gegen den politischen Islam. Solch einen Islam vertritt z.B. die Türkei, Katar und der Iran. Die Türkei geleitet von Erdogan islamisiert die Gesellschaft, der Iran hat 1979 bereits das Land zum Islamische Staat erklärt, nicht mehr oder weniger schlimm als der IS. Katar finanziert vor den Augen aller Akteure in Europa Bildungseinrichtungen und Moscheen, die sich offen gegen westliche Werte und die allgemeine Erklärung der Menschenrechte stellen.

Ad Migrationspolitik FPÖ:

Wir sind uns alle im Klaren darüber, dass die Flüchtlingswelle 2015 und der Umgang mit dieser eine der wichtigsten Herausforderungen der Gegenwart ist

Trotz alledem sehe ich natürlich nicht in der Migration – also in der Quantität des Zuzugs – eine Gefahr für unsere Gesellschaften, es ist vor allem eine über Jahrzehnte fehlgeleitete Integrationspolitik vieler europäischer Staaten, die es versäumt hat, die neuen MitbürgerInnen nachhaltig in unsere Gesellschaften aufzunehmen; wir haben diese Menschen lange Zeit nur unter dem Mantra des Humankapitals unter volkswirtschaftlichen Aspekten gesehen, eine wirkliche Integrationspolitik gab es nicht

Ich sehe die Gefahr, gerade von der österreichischen Regierungskoalition, dass eine Neuausrichtung von Integration und Teilhabe nicht wirklich von der Politik gewollt wird, sondern dass es bloß darum geht, den einen Teil der Gesellschaft gegen den anderen Teil auszuspielen; ein bekannter Wiener Publizist schrieb erst letzte Woche, die Regierungskoalition sei einzig und allein ein „Migrationsunterbindungsamt“, mehr nicht

Ich möchte mich dieser Meinung nicht anschließen, da ich nicht in Österreich lebe und daher nicht genug Sachkenntnis zu dieser Frage habe; eins kann ich aber mit einem Blick von aussen schon sagen: Eine wirkliche Beschäftigung mit den Risiken und Chancen von Migration und Integration sehe ich hier in Österreich genauso wenig wie in den meisten anderen Staaten Europas; daher hoffe ich, dass auch Wien seine teilweise einseitig ausgerichtete Politik ändert; denn wir haben es mit Phänomenen zu tun, die nicht nur in den letzten drei Jahren zu massiven politischen und zivilgesellschaftlichen Veränderungen weltweit geführt haben, sondern die Frage von Flucht und Vertreibung, Migrationsbewegungen und Integration in unsere Gesellschaften wird eine der zentralen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte werden; da reicht es leider nicht aus, bloß von der Sicherung und deren Ausweitung der EU-Außengrenzen zu sprechen bzw. neue Gesetze für Flüchtlinge hier zu schaffen, die die Gesellschaft spaltet und meiner Meinung nach eine reine Symbolpolitik ist

Ad Integration/Europa:

Nach Jahrhunderten blutiger Konflikte und Elend, hervorgerufen durch Glaubenskämpfe, Machthunger und Nationalismen, bis hin zur Totalkatastrophe der versuchten Auslöschung eines ganzen Volkes, wurde eine Idee realisiert, die uns allen Wohlstand, Frieden und Toleranz brachte; das Ziel war es, durch eine allmähliche Verflechtung der Volkswirtschaften, der Freizügigkeit der Bewegung innerhalb Europas, einer einheitlichen Währung es unmöglich zu machen, dass die Nationalstaaten erneut gewaltsam gegeneinander auftreten würden; Europas Gemeinschaft ist weltweit der stärkste Wirtschaftsraum geworden, ohne Massenarmut,

Politik, Medien, der Stammtisch – sie alle sehen in den ausgezehrten Gesichtern der Menschen aus Syrien, Afghanistan, Irak oder Afrika Zeugnis dafür, dass Europa in sich zusammenfallen könnte

Gleichzeitig bedrohen Terroranschläge von Menschen die friedliche Insel Europa, ausgeführt von Irren, die sich selber einreden, im Namen einer Religion Richter über Leben und Tod sein zu wollen. Andersgläubige müssen in Europa, Moslems als auch Juden, erneut dafür herhalten, dass ein anderer Glaube die Identität des Okzidents untergraben, den bereits in der Vergangenheit en masse vergewaltigten Begriff der Heimat des Deutschen, Franzosen, Österreichers in einen nahöstlichen Basar umformen könnte: Es kehren die gefährlich diffusen, national gefärbten Ängste in das Bewusstsein der europäischen Nationen zurück!

Denjenigen, die eine Restauration von Nationalismus fordern, die Zerstörung des europäischen Gedankens, die Rückwendung in die Intoleranz, denjenigen, die meine Religion vergewaltigen, indem sie im Namen Allahs Menschen umbringen, Frauen und Männer in die Zwangsheirat treiben, hier in Europa sich nicht integrieren wollen, rufe ich zu: Ich bin Feministin, gläubige Muslimin, Gründerin der ersten liberalen Moschee in Berlin; gerade mein Glaubensbekenntnis, meine Herkunft aus einer kurdisch- türkischen Familie sowie mein Leben in Deutschland sind die Hauptgründe dafür, die Grundwerte Europas, aufgeschrieben in der Grundrechts-Charta, als die Maxime für Respekt, Toleranz und Rechtstaatlichkeit gelten zu lassen

Integration und ein friedliches Miteinander kann nur dann gelingen, wenn ALLE BürgerInnen, egal ob sie in Europa geboren sind oder aus einem Land zu uns kommen, die europäischen Werte – definiert in der Europäischen Grundrechte-Charter – als Basis für ihr Handeln nehmen. Hier spreche ich zu meinen muslimischen MitbürgerInnen, sage ihnen, dass der politische und fundamentalistische Islam ein Feind dieser Werte ist und daher hier nichts zu suchen hat; gleiches gilt aber auch für den europäischen Mob, der wie gerade in Deutschland Jagd auf fremdaussehende Menschen macht oder wie in Frankreich jüdische MitbürgerInnen attackiert.

Mein Islam ist eine Religion des 21. Jahrhunderts, welcher Platz hat in allen Regionen dieser Erde, weil er prinzipielle Menschen- und Grundrechte als Basis jeden Glaubens und jeder Ethik nimmt: Toleranz, Pluralismus und Demokratie.

Zum Thema Bildung

Als jemand, die selbst Migrationshintergrund hat und aus einer Gesellschaft stammt, in der familiäre, patriarchale Strukturen prägend sind, weiß ich, wie wichtig Bildung ist. Bildung ist der Schlüssel für Integration und nachhaltige Gesellschaftspolitik. Völlig richtig wurde daher in Österreich zum Beispiel erkannt, dass man sich mit islamischen Kindergärten auseinandersetzen muss, um deren Integrationsleistung zu bewerten. Die Schlüsse, die aus der Diskussion zu entnehmen waren, sprechen für sich. Es ist aber möglich, religiöse Erziehung auch im Kindesalter sinnvoll einzubetten.

Dazu gehören aber keinesfalls Kinder, die sich schon in frühem Alter verschleiern müssen und die weder die deutsche Sprache, noch deutsche oder österreichische Werte vermittelt bekommen.

Doch es geht weiter. Was haben türkischsprachige Imam-Schulen (Anm. Imam Hatip Schulen), deren Absolvent auch der türkische Präsident ist, fernab jeglicher öffentlicher Aufsicht, in Österreich verloren? Häufig entziehen sich derartige Institutionen jeglicher Rechenschaft. Sie werden als Privatschulen oder als Vereine geführt, ihre Abschlüsse sind in unseren Ländern zu Recht nicht anerkannt. Das müssen sie allerdings auch nicht, denn dafür gibt es später ohnehin keinen Bedarf, weil die türkische Religionsbehörde, in deren Sold die Absolventen stehen, für das Auslangen sorgt.

Im Jahr 2017 berichtete das Migrantenmagazin Biber über ein Internat in Niederösterreich (https://www.dasbiber.at/content/sueleymans-kinder) in dem Kinder im Alter von 9 Jahren Kopftuch trugen, wo Buben und Mädchen teilweise getrennte Haus-Eingänge benützen mussten und wo ein Wertebild vermittelt wurde, das nach den Schilderungen von Betroffenen schwer bis gar nicht mit unseren Werten vereinbar ist. Wir hören von ähnlichen Fällen in Deutschland von Milli Görüs, ebenfalls einer islamistischen Gruppierung.

In Frankfurt gibt es eine Bildungseinrichtung namens EIHS (Europäisches Institut für Humanwissenschaftliche Studien). Dieses Institut  wird von der Muslimbruderschaft geführt. Auch dort gibt es keine staatlich anerkannten Abschlüsse, aber die Absolventen werden als Imame in nahestehenden Moscheen in Europa tätig. Beschäftigt man sich näher mit dem Institut, findet man atemberaubende Thesen über Verhüllung von Frauen und das islamische Ehe- und Erbrecht. Es ist laut den Imamen der Muslimbruderschaft also nicht selbstverständlich, dass Männer und Frauen gleichwertig sind. Mit vielen der Äußerungen stehen diese Organisationen ganz klar im Konflikt mit deutschem Recht. Hier müsste man auch seitens der Politik anknüpfen. Das passiert aber – zumindest in Deutschland – nicht.

Viele dieser Beispiele zeigen, was wir nicht wollen. Wir wollen keine Gruppen in der Gesellschaft, die sich nicht mit Europa identifizieren und die isoliert in Parallelwelten oder Gegengesellschaften leben.

Was wollen wir dann? Wir brauchen vor allem ein Angebot, das mit westlichen Werten in Einklang zu bringen ist. Wenn wir nicht wollen, dass Muslimbrüder den Islam in Österreich kontrollieren, müssen wir selbst Bildungskapazitäten aufbauen und entfalten. Die Glaubensinhalte müssen modern interpretiert und im Einklang mit westlichen Werten stehen. Dafür müssen sie auch verstanden werden.  Ich höre oft, dass das nicht möglich sei.  Ich sehe aber jeden Freitag in unserer Moschee, dass es sehr wohl möglich ist.

Und letztlich gehört auch die Förderpolitik der öffentlichen Hand kritisch hinterfragt. Welche Verbände, Vereine, Schulen, Moscheen, Kindergärten, Internate usw. erhalten öffentliche Unterstützung und wie kompatibel sind deren Werte mit dem Rechtsstaat?

Was könnte helfen?

Wir benötigen dringend eine Bildungsreform in ganz EUROPA als Antwort auf die aktuellen Herausforderungen unserer Zeit. Unsere Kinder müssen die Menschenrechte lernen und in ihren Herzen spüren, um freie selbstbestimmt lebende Menschen zu werden. Selber denken, statt sich bevormunden zu lassen. Dieses Motto, diese Ziele haben die Kernländer Europas einst ganz hoch angesiedelt in der Bildungspolitik. Heute ist man froh, wenn die Kinder irgendeinen Schulabschluss machen. Inhalte werden vernachlässigt.

Zum Thema Einfluss aus dem Ausland

Über Jahrzehnte hinweg hat sich die öffentliche Hand nicht für Religionsausübung interessiert. Dabei wurde allerdings verkannt, dass Religion natürlich für viele Migrantinnen und Migranten, für Flüchtlinge mit anderem kulturellen und religiösen Hintergrund einen völlig anderen Stellenwert hat als in westlichen Gesellschaften. Dessen war sich aber die türkische Regierung, die mit ihrer DIYANET ein Netzwerk an Moscheen in ganz Europa betrifft sehr wohl bewusst – mit den bekannten Folgen. Siehe die Diskussionen um ATIB und DITIB bei uns in Deutschland.

Genau gleich verhält es sich mit Katars und Kuwaits Staatsfonds, die Millionen in Moscheen investierten und somit ein Vakuum füllten. Analog verhielt es sich auch mit Saudi Arabien und vielen weiteren.

In diesen Moscheen sind natürlich auch die Ideologien der Geldgeber zu sehen. Auf diese Weise bauten Milli Görüs, DIYANET oder die Muslimbruderschaft gemeinsam mit ihren Fördergebern religiöse und politische Strukturen auf. Der offizielle Islam ist deshalb leider häufig geprägt von islamistischen Strukturen, weil er über Jahre hinweg am besten finanziert wurde und noch immer wird.

Abschließend möchte ich mich nochmal bedanken

Ich danke für Ihr Interesse und Ihre Einladung zum heutigen Abend. Um ehrlich zu sein, wunderte es mich sogar ein bisschen, dass Sie sich trauen, jemanden wie mich hier auftreten zu lassen. So ist es doch evident, dass in vielen Bereichen unsere Vorstellungen und Werte weit auseinanderklaffen. Ich muss es ganz offen sagen, ich war und bin mit vielem was die FPÖ macht nicht einverstanden. Sei es etwa das medial kolportierte Frauenbild oder der Umgang mit der historischen Verantwortung, wie ich es immer wieder lese.

Der Grund warum ich heute hier bin und zu Ihnen sprechen möchte ist, dass ich davon überzeugt bin, dass die FPÖ als Regierungspartei nun eine ganz andere Verantwortung trägt. Dass sie im Bereich der Integration Ansätze entwickeln muss und dass der kritische Umgang mit dem politischen Islam ein Thema ist, das nach Antworten verlangt. Antworten, die jenseits von plakativen Slogans zu finden sind und in der Praxis anwendbar sind.

Österreich ist in diesem Bereich aber jedenfalls weiter als Deutschland. Ich danke daher auch für die Möglichkeit, in dieser Sachfrage heute mit Ihnen diskutieren zu dürfen.

Ich habe mit der Ibn Rushd Goethe Moschee – einem von mir initiierten offenen Moscheeprojekt in Berlin – das unabhängig von Alter, Geschlecht, Religionszugehörigkeit und sexueller Orientierung allen Menschen offen steht, ein Beispiel für meine Vision eines „liberalen Islam“ geschaffen. Es würde mich freuen, wenn dieser Beitrag heute Abend in einigen Köpfen dazu führt, dass man sich in scharfer Abgrenzung zum politischen Islamismus Gedanken über einen weltoffenen und toleranten Islam macht, der auch in Österreich seine Heimat finden kann, so wie dies bei vielen jüdischen und christlichen Gemeinschaften der Fall ist.

Enden will ich mit Goethe:

Zum Divan

Wer sich selbst und Andre kennt,
Wird auch hier erkennen:
Orient und Okzident
Sind nicht mehr zu trennen.

Sinnig zwischen beiden Welten
Sich zu wiegen lass‘ ich gelten;
Also zwischen Ost und Westen
Sich bewegen, sei’s zum Besten!

Johann Wolfgang von Goethe

Talismane

Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Okzident!
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.

Johann Wolfgang von Goethe

DANKE

Print Friendly, PDF & Email