Göttlichkeit, Glaube und Wissenschaft

14.05.2021

Göttlichkeit, Glaube und Wissenschaft

Viele denken, Wissenschaft und Glaube passen nicht zusammen. Aber der Koran erzählt etwas anderes und gerade die heutige Zeit rücken beides aneinander näher.
Diejenigen, die Gottes Existenz verneinen, berufen sich meist auf die Naturgesetze. Sie sagen, die Naturwissenschaft kann alles erklären, auch das bisher Unerklärliche, weil sich alle Phänomene der Wirklichkeit oder anders gesagt, die Natur auf das Wirken von Naturgesetzen zurückführen lassen.
Aber da habe ich schon eine erste Frage: Was sind die Naturgesetze, wer hat sie gemacht oder wie sind sie entstanden? Naturgesetze sind Beschreibungen von Regelmäßigkeiten im Verhalten realer System wie z.B. Materie, Elementarteilchen, Atome, Moleküle, Gase, usw. Naturgesetze erklären meist Zusammenhänge zwischen beobachteten oder vermuteten Erscheinungen in der realen Welt, die oft als Gleichungen formuliert sind.
Neben unserer Wirklichkeit gibt es dennoch eine andere Realität oder Wahrheit, die für uns mit unseren Sinneswahrnehmungen grundlegend nicht begreifbar und zugänglich ist.
Zahlreiche heutige Physiker sind von der Existenz etwas Unvergänglichem, Ewigem überzeugt. Sie meinen, das unsterbliche Bewusstsein sei genauso wie Raum und Zeit, Materie und Energie ein Grundelement des Universums. Die neue Quantenphysik könnte demnach eine Brücke zwischen Wissenschaft und dem Übernatürlichen sein – mit Hilfe eines der mysteriösesten Phänomens, des Verschränkungsprinzips. Es drückt aus, dass zwei Teilchen, die einer gemeinsamen Quelle entstammen, aber über eine für heute noch nicht verstandene Fernwirkung verbunden bleiben, unabhängig von der Entfernung. Zwei verschränkte Objekte können sich augenblicklich beeinflussen, auch wenn sie viele Lichtjahre voneinander entfernt sind. Das ist experimentell nachgewiesen. Das heißt, jedes Teilchen beeinflusst sich seit dem Urknall im ganzen Universum mit anderen Teilchen wechselseitig. Das heißt auch, dass hinter der von unseren Sinnen wahrgenommenen Welt noch eine andere verborgene Welt bestehen kann.
Es ist schon etwas eigenartig, in einer Predigt über die physikalische Welt zu sprechen. Aber ich denke, es gehört zu unserem Leben und Verstehen, so wie der Mensch Teil des ganzen Kosmos ist.
Kein Teilchen ist isoliert, allein oder getrennt. Es hat eine Verbindung, Ahnung oder Kenntnis von seiner Umgebung, von anderen Teilchen. Das heißt einfach gesagt: Ein jegliches Teilchen beeinflusst seine Umgebung und damit die ganze Welt und umgekehrt beeinflusst die ganze Welt jegliches Teilchen. Der Quantenphysiker Hans-Peter Dürr fasst das so zusammen: „Der individuelle Mensch ist mit dem gesamten Kosmos verbunden.“
Ich muss sagen, das hat mich anfangs auch sehr geschockt. Die Elemente, kleinste Materie oder Energie um mich herum und in mir wissen irgendwie von anderen Elementen irgendwo im Weltall. Das ist ein Gedanke, den man erst einmal begreifen muss.
Aber so neu ist dieser Gedanke gar nicht. Mit dieser Aussage trifft er auf bestimmte Vorstellungen vieler Religionen. Ein hinduistischer Gelehrter sagte einmal: ‚Die Einzelseele ist eins mit der Weltseele.‘ Denken wir religiös weiter: Man kann durch ein Gebet oder durch religiöse Gespräche, physikalisch gesehen durch veränderte Wellenfunktionen, Einfluss oder Wirkung auf die Zuhörer, auf die Umgebung nehmen, zum Beispiel jetzt meine Predigt.
Die Physik zeigt also auf, dass alles zusammengehört und nichts ist allein. Das heißt auch: Der Mensch ist mehr als die Summe, als ein Gesamtbetrag seiner Glieder und seiner Organe. Die Physik zeigt uns auf, dass es noch mehr gibt und existiert als unsere Sinnesorgane und Messgeräte uns aufzeigen, etwas Unbeschreibliches, Nichtwahrnehmbares, Transzendentes, jenseits von unseren Sinnenorganen Wahrnehmbarem.
Das könnte vielleicht die Dunkle Materie und die Dunkle Energie sein, die beide zusammen rund 95 % des Universums ausmachen, von denen wir kaum etwas wissen. Die Dunkle Materie ist nur durch ihre Gravitation nachzuweisen und Dunkle Energie ist die Bezeichnung für ein Resultat, mit dem man die beschleunigte Ausdehnung (Expansion) des Universums erklärt. Und davon spricht nachweislich der Koran.
Die heutige Physik beschreibt die Wahrheit der Natur dennoch nur unvollständig. Bekanntermaßen gibt es noch eine andere Seite dieser Wahrheit, unsere Gefühlswelt. Das heißt: Unsere Gefühlswelt steht nicht im Widerspruch zur heutigen Physik, beide ergänzen sich. Wenn wir uns in einem Gespräch mit Gott befinden, dann verlassen wir die physische Ebene und begeben uns in die gefühlsmäßige Ebene. Und eigentlich ist es die Aufgabe der Religionen, uns einen Platz im kosmischen Geschehen zu geben. Der Physiker Michael Grün sagt das so: „Die physikalische Beschreibung der Wirklichkeit ist sinnfrei, die religiöse sinnhafter. Beide sind jedoch Projektionen, Abbilder der einen Wahrheit, beide können nur eine Ahnung von der absoluten Wahrheit vermitteln.“
Albert Einstein meint das so: „Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Wissenschaft ist blind.“ Um nicht blind zu sein, brauchen wir also die Wissenschaft.
In der 1998 erschienenen Enzyklika von Papst Johannes Paul II. kann man poetisch lesen: „Glaube und Vernunft sind wie die beiden Flügel, mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt.“ Leider kann ich keinen islamischen Ausspruch rezitieren.
Die Naturwissenschaft und Theologie arbeiten auf unterschiedlichen Ebenen. Die Erste erklärt die Entstehung und die Beschaffenheit der Natur und zur Natur gehört auch der Mensch mit seinem Gehirn. Dagegen sucht die Theologie nach Antworten auf die Fragen nach dem Sinn und Ziel des menschlichen Daseins. Es ist eine Geschichte des Dialogs.
Dieser Dialog hat eine lange Geschichte. Im 13. Jh. lebte Albertus Magnus, er war ein deutscher Gelehrter und Bischof, ein Universalgelehrter, der das damalige naturwissenschaftliche Wissen mit der Theologie zu verbinden versuchte. Erst der Beginn der Neuzeit hat sich die Wissenschaft von der Theologie getrennt mit der Meinung, dass die Natur nach strengen Regeln abgeleitet wird und da ist eben kein Platz für einen Schöpfer. Aber auch einer der jetzigen bedeutendsten Wissenschaftler Stephen Hawking kam letztendlich zu dem Schluss, dass er keine vollständige und umfassende Theorie gefunden hat, um die Welt im Innersten zu erkennen und damit auch zu kontrollieren. Das bedeutet, auch die Quantenphysik kann Gott nicht beweisen, aber sie ist offen für Gott und sie kann Geist und Materie nicht strikt voneinander trennen.
Wir Menschen können uns im Weltall nicht als alleinige oder isolierte Wesenheit sehen. Wir sind Teil der Materie. Und was an einem Ort, nicht nur der Welt, sondern im ganzen Universum geschieht, hat Auswirkung auf uns und auf die ganze Welt.
Zwei Beispiele: Der Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren hat das Zeitalter der Dinos beendet und Platz für neue Spezis gemacht, auch den Menschen.
Oder das Leben und Wirken von Jesus, das im kleinen Radius in Arabien stattfand hat bis heute Auswirkung auf die ganze Welt. Man könnte also sagen, was mit einem Menschen oder einem Ding oder Sache geschieht, hat Auswirkungen auf seine Umwelt und damit auch im großen Geschehen.
Wenn wir von Gott sprechen, dann immer in menschlichen Vorstellungen, Begriffen oder Bilder. Aber dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass Gott immer jenseits und unzugänglich aller Begriffe und Bilder ist. Freilich kann die Naturwissenschaft Gott weder bestätigen noch verneinen. Aber die Wissenschaftler könnten mit der Aussage z.B. Gott ist die Energie, die alle Materie durchdringt, etwas anfangen. Gott ist in der Welt und durchdringt die Welt, aber zugleich steht er über die Welt.
Wenn ich zu Gott bete, dann führt mich mein Gebet in einen geschützten, inneren Raum, das Seele genannt wird und in dem Gott herrscht. Es verändert mich, vielleicht beginnt sogar meine Seele an zu strahlen. Ich bin im Frieden mit mir und das wirkt sich auf mein Benehmen zu meinen Mitmenschen aus. Ich will damit sagen, dass es eine Verbindung gibt zwischen allen Seins – Gott.
Die Sprache der religiösen Schriften ist nicht gleich der Sprache der Naturwissenschaften. Aber der Koran weist besonders auf solche Verse wissenschaftlicher Natur hin, vielleicht um sich mit ihnen mehr zu beschäftigen, um sie zu verstehen. So sahen die ersten Muslime sich genötigt, mathematische Berechnungen anzustellen, um die genaue Uhrzeit für die Gebete zu erhalten. Dennoch, viele Naturphänomene konnten die früheren Muslime nicht verstehen. Vielleicht hat Gott sie für spätere Generationen aufgehoben, für uns heute? Vielleicht um sie gemeinsam, in Einklang mit den weiterentwickelten Naturgesetzen, mit den Biologen, Physikern, Geisteswissenschaftler neu zu erkunden und zu erklären?
Der Koran hat also viele Rätsel der Wissenschaft schon vor vielen Jahrhunderten offenbart. Einige der wichtigsten kosmischen Entdeckungen möchte ich aufzeigen. Der Koran erzählt in Sure 21, „Die Propheten“ Vers 30 vom Beginn des Universums durch eine gewaltigen Explosion: „Haben diejenigen, die die Wahrheit leugnen nicht gesehen, dass die Himmel und die Erde eine Einheit waren, die Wir dann zerteilten?“
Heute wissen wir: So hat sich die Materie gebildet und daraus Sterne und Galaxien entwickelt.
Im Koran Sure 51 ad- Dariyat: 47 steht: „Und den Himmel haben Wir mit Unserer Kraft erbaut; und siehe, wie Wir ihn reichlich geweitet haben.“ Dieser Vers spricht von der Expansion des Universums mit der Feststellung, dass Galaxien sich voneinander mit sehr hohen Geschwindigkeiten fortbewegen, was die Expansion des Universums in atemberaubender Form verursacht. Man hat erkannt, dass dieser Vorgang sich sogar rasant beschleunigt. Die Ursache dieses Vorgangs wird heute allgemein der ‚dunklen Energie‘ angelastet. Aber noch haben die Physiker keine endgültige Erklärungen, was wirklich ‚Dunkle Energie und Dunkle Materie‘ bedeutet.
Nicht alles ist Physik. Sie liefert nur einen Aspekt der Materie. Aber es gibt noch einen anderen Aspekt, der ist nicht-physikalisch und stellt die innere Natur der Materie dar und liefert die Grundlage für unser Bewusstsein, also unser Denken.
Darum ist es gut, von den physikalischen Vorgängen zu wissen. Aber es ändert nichts an meine Beziehung zu Gott. Das geht auch nicht, denn Gott ist überall, um mich, in den kleinsten Teilchen meines Körpers. Auch wenn wir diese Teilchen nicht spüren, in Gedanken und Gefühlen können wir uns mit Ihm auf eine Ebene verbinden.
Manaar

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