Gottes Licht

Gottes Licht

 

Casey Horner

Beim Betrachten des Lichts einer Kerze dachte ich an den einen Namen Gottes: An-Nur- das Licht.  Und schon gingen die Gedanken weiter auf Reisen: Was ist Licht, nein, ich dachte nicht an das physikalische Phänomen, Licht als eine Form der elektromagnetischen Strahlung. Ja, ich dachte an Gottes Licht. Was bedeutet Gottes Licht? Spontan fiel mir ein: Wärme, Helligkeit, Liebe; was bedeutet Liebe zu Gott?  Steht da am Ende Wissen, Rechtleitung, Barmherzigkeit? Eine Frage erschließt die nächste Frage.

   Licht in der physikalischen Welt bedeutet, etwas sichtbar zu machen, es bedeutet auch Realität. Das Fehlen von Licht bedeutet Unsichtbarkeit, Dunkelheit, Unwissenheit. Aber auch der menschliche Geist empfindet Licht und Dunkelheit. Und diese Vorstellung hat nichts mit der Realität zu tun. Wenn wir von Licht im metaphorischen Sinn sprechen, meinen wir Gottes absolute Manifestation, ein Sich-offenbaren von Dingen oder Wissen. Das bedeutet: Er allein ist die Manifestation des Lichtes, Er ist das Licht. Alles, was es in der physikalisch erklärbaren Welt gibt, hat sein Licht von ihm erst erhalten.  Ansonsten herrscht Dunkelheit.

   Ich weiß, dass es in allen Kulturen oder Religionen Lichtsymbole in unterschiedlichsten Formen gibt. Licht bedeutet in erster Linie Leben und Wärme. Wo kein Licht ist, da herrscht Finsternis. Finsternis bedeutet Kälte, Orientierungslosigkeit, Bedrohung, Tod.

   Ich dachte an einen meiner liebsten Verse aus dem Koran, an die Sure 24, Vers 35. Er trägt sogar seinen eigenen Namen: Lichtvers. Für mich ist der Vers mächtig, sprachgewaltig, voller Rätsel, Gleichnissen und Symbolik. Schon Generationen von Korangelehrten haben sich über diesen starken Vers den Kopf zerbrochen.

   Muhammad Assad beschreibt den Vers so:

   „Gott ist das Licht der Himmel und der Erde.  Das Gleichnis seines Lichtes ist das einer Nische, die eine Lampe enthält. Die Lampe ist in einem Glas eingeschlossen, das Glas leuchtend wie ein strahlender Stern: Eine Lampe, entzündet von einem gesegneten Baum, einem Olivenbaum, der weder vom Osten noch vom Westen ist,  dessen Öl ist so hell, dass es beinahe von sich aus Licht geben würde, selbst wenn das Feuer es nicht berührt hätte. Licht über Licht. Gott leitet zu Seinem Licht, wer geleitet werden will und zu diesem Zweck legt Gott den Menschen Gleichnisse vor, da Gott allein volles Wissen von allen Dingen hat.“

    Der Vers beginnt wie mit einem Paukenschlag: eine göttliche Selbstaussage: „Gott ist das Licht der Himmel und der Erde.“ Ist überhaupt noch eine größere Steigerung möglich?

  Handelt es sich hier nur um ein Gleichnis, einen Vergleich zwischen dem Licht Gottes und dem Licht einer Lampe in einer Nische? Oder bedeutet es viel mehr?

   Oder bedeutet es: Immer, wenn es darum geht, ein umfassenderes Wissen über Gott, wie z. B. in dem Fall über An-Nur zu erlangen, müssen wir unsere Unfähigkeit und Unzulänglichkeiten erkennen, Gottes wirkliche Realität und Seine Erhabenheit wahrzunehmen. Unser Intellekt reicht nicht aus, um Gott wirklich zu begreifen, um die Natur seiner Eigenschaften und sein Wesen vollständig zu ergründen. Das Wissen des Menschen ist trotz aller Bemühungen des Begreifens doch ziemlich unzureichend, während Gott unendlich und absolut ist. Und einer dieser diffizilen und kompliziertesten Verse des Korans ist dieser Lichtvers.

    Jedes Mal, wenn ich diesen Vers rezitierte, dachte ich an mein Herz, an die Herzen der Gläubigen. Gott beschreibt das Herz der Gläubigen, indem Er das Gleichnis zum Licht benutzt. Gott ist das Licht der Himmel und der Erde.  Sein Licht ist es, das unsere Erde und seine ganze Schöpfung erleuchtet, ohne es wäre dort nur Dunkelheit. Kein Leben könnte entstehen. Ich stelle mir eine Lampe in einer Nische vor. Sie leuchtet hell, aber wenn ich mir ein Licht in einer Kristalllampe vorstelle, erstrahlt es noch heller, wie ein strahlender Stern in der Nacht. Sein Öl stammt von einem Olivenbaum, der auch ‚gesegneter Baum‘ genannt wird. Dieser Baum steht sicher auf einer Anhöhe, an einem zentralen Ort, denn er bekommt zu jeder Tageszeit das beste Licht. Aus diesem Grund ist sein Öl rein und brennt, als würde es kein weiteres Feuer benötigen. Licht vom reinen Öl und Licht des Feuers. Und Gott bringt uns dieses Licht, um damit unsere Herzen auszufüllen, damit sie voller Licht erstrahlen.

     Aber betrachten wir diesen Vers näher: 

  „Gott ist das Licht der Himmel und der Erde.“

     Gott in Seiner Vollkommenheit umfasst mit Seinem Licht Sein vollkommenes Werk, das Universum und erleuchtet somit auch die Himmel und die Erde. Er bringt in Seiner Schöpfung mit Seinem ewigen Licht das Leben hervor; Leben, welches Er Nahrung gibt, prüft, schützt und Hilfe angedeihen lässt. Es gibt keinen Ort, wo Sein Licht nicht erstrahlt. Aber jedes Geschöpf wie auch der Mensch kann von Seinem Licht profitieren, so weit wie sein Herz sich öffnet und das Licht annimmt.

    „Ein Abbild Seines Lichts ist wie eine Nische, in der sich eine Lampe befindet, die Lampe in einem Glas, (und) das Glas ist wie ein hell leuchtender Stern.“

    Gott versucht mit dem Licht dem Menschen Sein Wesen zu erklären, indem er sein göttliches Licht mit einem künstlichen Licht, einer Lampe vergleicht.

   Das Abbild Seines Lichts ist wie eine Nische. Der Mensch kann diese Lampe, die sich dort befindet, aus dieser Sicht erforschen. Ein Mensch muss in Dunkelheit seinen Weg erleuchten. Er benötigt Licht wie z.B. eine strahlende Lampe. Aber um den Weg der Wahrheit zu begehen und die Dunkelheit von Herz und Verstand zu überwinden, braucht er ein ganz besonderes Licht, eine Leuchte, ein Licht, das ihn beschützt und auf seinen Weg zur Wahrheit leuchtet. Und Wahrheit bedeutet auch Wissen. Das Wort Licht wird deshalb auch für Wissen verwendet und dementsprechend ist die Dunkelheit Unwissenheit. Und daraus resultiert Schlechtigkeit, Lüge und Lasterhaftigkeit.

    Ich könnte mir den Schirm der Leuchte als einen Schleier vorstellen, hinter der Gott sich vor Seiner Schöpfung, hier der Mensch verborgen hält. Obwohl das Glas durchsichtig ist und die Durchlässigkeit des Lichts nicht gehindert wird, ist aber dieses Glas auch eine Barriere für den Menschen, auf diese Lichtquelle zuzugreifen. Es würde ihn einfach nur schaden.

    Man kann das auch so sehen: Obwohl Gottes Licht die ganze Welt erleuchtet, kann es trotzdem nicht jeder wahrnehmen. Nur Gott allein gibt dem Menschen, wenn er will, diese Fähigkeit zu sehen. Ein Mensch ohne diese Gabe der inneren Wahrnehmung von Gottes Licht oder Wahrheit kann zwar das Sonnenlicht wahrnehmen, aber er versteht die Hinweise oder Mahnungen von Gott nicht.

    „Das Glas gleicht einem Stern, einem funkelnden.“

   Das Funkeln eines Sterns bedeutet etwas Besonderes, etwas Erleuchtendes. Wie oft betrachten wir nachts den Himmel mit seinen funkelnden Sternen? Ziehen sie uns nicht magisch an? Ein Stern kann sehr fern oder in Gedanken sehr nahe sein. Denn je näher wir seinem Licht sind, umso näher fühlen wir uns ihm, nämlich Gott. Das bedeutet aber auch, auch Gott ist uns sehr nahe.

    â€žAngezündet von einem Baum, einem gesegneten. Einem Ölbaum, nicht östlich, nicht westlich, dessen Öl leuchtet beinahe, ohne dass es berührt hätte das Feuer.“

   Ein Ölbaum, der auf einem vorteilhaften, erhabenen Platz steht. Er nimmt daher eine besondere Stellung ein, die immerwährend von Licht erhellt wird. Meines Erachtens soll hier keine Himmelsrichtung angezeigt werden, aus der tagsüber das Licht kommt. Vielleicht ist damit kein besonderer Ort gemeint, sondern es könnte jeder einzelne Ölbaum gemeint sein, egal wo er steht. Jeder Ölbaum könnte das gesegnete Öl spenden. Oder es könnte aber auch ein Ort sein, zu dem wir keinen Zugang haben, für uns unerreichbar. Es wäre dann ein Ort der Unendlichkeit, der Ewigkeit. Gott existiert ewig und so strahlt sein Licht auch ewiglich, ohne, dass es irgendeinen Anzünder, ein Feuer braucht. Und das Licht, das in dem Gleichnis vom Öl hervorgebracht wird, das ist Seine Essenz, das Wesen Gottes. Aber alles, was wir von Gott wissen, steht im Koran: Wir kennen nur die Namen Gottes- die im Koran beigelegten Attribute- und erfahren von seinem Handeln mit den Menschen. Gott ist der einzige Gott, transzendent und existent, allmächtig und allgegenwärtig, unveränderlich und unvergänglich, ewig und unerschaffen, allwissend und unumschränkt in seiner Herrschaft. Die Sure 112 sagt über ihn aus: „Er ist Gott, ein Einziger, Gott der Ewige! Er zeugt nicht, und er wurde nicht gezeugt! Und es gibt niemand, der ihm gleicht!“

    „Licht über Licht. Gott leitet zu Seinem Licht wen Er will.“

Licht über Licht ist immerwährendes Licht, Gottes Licht ist absolut und hat keine Grenzen. Gott als Allerbarmer, als ar-Rahman wendet sich allen Menschen zu. Wer sich aber von Gottes Licht leiten lässt, dem gewährt er Führung zur inneren Zufriedenheit.

    „Und Gott legt Gleichnisse für die Menschen vor, und Gott ist sich aller Dinge bewusst.“

   Gott versucht mit Allegorien oder Gleichnissen, dem Menschen sein Wesen bildlich zu erklären, was der Mensch aber nur intuitiv, gefühlsmäßig erfassen kann. Gottes Licht erleuchtet die ganze Welt, aber nicht jeder vermag es wahrzunehmen. Gott ist es, der uns zu seinem Licht führt. Ich denke, der Vers ist eigentlich eine Botschaft an alle Menschen, sich zu besinnen, warum es Licht gibt. Denn Licht bedeutet auch Leben. Erst durch das Licht kann der Mensch existieren. Wir werden durch dieses Gleichnis angehalten und es gilt gleichzeitig als eine Einladung, über unser Leben und

über Gott und seine Zeichen nachzudenken.  

     Möge Gott eure innere Sonne immer strahlen lassen. Möge eure Seele Sein Licht empfangen und wieder demutsvoll zurückstrahlen und möge euer Licht gute Taten für die Menschen bewirken und eure Seele und Herz zur Ruhe kommen.

 

Manaar

 

 

 

 

 

 

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1 komentar untuk “Gottes Licht”

  1. Sehr geehrter Verfasser des Textes: „Gottes Licht“, Gedanken zum Lichtvers [Sure 24, Vers 35.]
    Haben mich zu tiefst in meinem innersten berührt, und in seiner Schönheit und Liebe zu Tränen gerührt, denn so selten, habe ich in den vielen letzten Jahren, zunehmender Verdunkelungen der Herzenlichter meiner mir nächsten und liebsten Menschen, sei es aus kaum fassbarer Folge von Krankheiten und Toden oder schleichenden, aber beschleunigten Abkühlung der barmherzigen Wärme ihrer Herzen im galoppierenden „Trott“ der Tretmühlen und hochtourig beschleunigenden Menschenräder, alle starrblickig im Allwahn des letzten Götzen, dem Mamon, der, falls er nicht endlich und sofort gestoppt wird, den ganzen Planeten in den stets gleichgültiger und zahlreicher werdenden Öfen, die weder kalt noch heiss brennen, aber dennoch alles in die Indifferenz zehren wollen. Die Touring Maschinen kennen nur drei Zustände, an oder aus, dazwischen liegt der fürchterlichste, weit schlimmer noch als das böseste Böse, nämlich das Gleichgült, das endlos Unentscheidbare, Unlösbare Alles ins Nichts führende.
    Gott, oder wie auch immer das Eine, anfangs- und endlose, jenseits unserer Zeit, Existenz und Denkensfähige ausserzweifelbart, uns aber schon seit Gedenken als Individuen unter Individuen verbindet, wir die wir sein Licht sehen, tragen, und weitergeben, in Liebe, Treue, Wahrheit dem Lebenserhalt- und all seiner -achtung dienen; und seien die Zeiten noch so einsam, verlassen, und von allen anderen getrennt, sein Licht findet zu uns, so lange uns ein Funke Liebe und Leben bleibt. Wie wahr, wie wahrhaftig wahr. Gottes Licht, Lieben und Leben über alle Ewigkeiten! Amen!

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