Gott gab den Menschen das Lachen

18.02.2022

Gott gab den Menschen das Lachen

 

 

 

Vor Kurzem lachte ich über eine Sache und stellte doch etwas verblüfft fest, dass sich meine traurige Stimmung plötzlich aufhellte. Das Lachen hat meine trüben Gedanken einfach verscheucht, weggespült. Ich dachte: Lacht Gott mit uns und ist damit dem Menschen gegenüber auch humorvoll? Ist das wirklich so? 

Gott hat sich dem Menschen gegenüber zur Barmherzigkeit verpflichtet. Das setzt Liebe und Strenge voraus. Aber Humor? Liebe bedeutet für mich auch vergeben, gütig und gelassen sein und auch mal herzlich mit oder über jemanden oder etwas zu lachen. 

Wir nehmen Gott als mitfühlend wahr. Aus dem Grund sind wir auch verpflichtet, unseren Mitmenschen gegenüber mitfühlend zu sein. Das Mindeste wäre lächelnde Augen, ein lachendes Gesicht, das Verständnis und Mitgefühl ausdrückt.

Der Prophet Jesus meinte im Mattheus-Evangelium 11:30: „Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Das Joch sollten die 10 Gebote bedeuten. Vielleicht war es damals nicht für alle Christen leicht, sie einzuhalten. Joch und sanft, Last und leicht, das sind eigentlich Widersprüche. Wie kann man ihnen am besten begegnen – einfach mit Gelassenheit und Humor? Und die Pflichten im Koran, sind sie immer leicht zu nehmen? Ich denke, es hilft, wenn man sie zwar nicht auf die leichte Schulter nimmt, aber doch etwas gelassener und mit etwas Gefühl und Lachen, also Humor.

Hatte Jesus Humor und konnte richtig lachen? Und die Propheten wie Muhammad? Und Gott?

Kinder fragen Gott manchmal komische Sachen aus ihrer kindlichen Neugier heraus. Da ist vielleicht ein „Lieber Gott, warum sagen die Erwachsenen, dass Lügen kurze Beine haben, warum ist der Hals der Giraffe so lang und stimmt das, dass der Storch die Babys bringt?“ Sie befragen ohne Hemmungen Gott, den wir vielleicht für streng und ernst betrachten. Ist Gott echt nur so, ohne Humor? Überhaupt, lassen sich Gottes Worte, also der Koran und Humor und Lachen miteinander verbinden?

Ja, sagt der Koran, denn wenn Gott dem Menschen das Lachen gegeben hat, dann vermag Gott auch lachen. Zum Glück weiß ich nicht, wie das in meinen Ohren klingen würde. Und nein, Gott lacht nicht über den Menschen, sondern mit ihnen, vielleicht, damit sie ihre Religion leichter nehmen und ihr Leben ruhiger, gelassener und freudvoller gestalten.

In der 53.Sure An-Nadschm – Das Entfalten, Vers 43 steht: Und dass Er es ist, der lachen und weinen lässt.“ Dieses Lachen und Weinen sind Zeichen Seiner Allmacht und Seiner Schöpferkraft, Er schenkt den Menschen diese Gemütszustände. Das heißt auch: Menschliches Lachen, Humor, Freude ist ein Abbild göttlichen Lachens und Humors. Das heißt auch: ‚Da, wo Glaube ist, da ist auch Lachen‘. Dass sollte einmal Martin Luther gesagt haben. Aber ist das immer schon so gewesen? Gab es nicht Zeiten, in denen man nur Pflichten in der Religion wahrgenommen hat? Und belegen die Bücher der drei abrahamitischen Religionen auf den ersten Blick nicht eine große Ernsthaftigkeit? Dennoch hat Gott uns die Fähigkeit des Lachens geschenkt. Vielleicht gerade deshalb hat es auch innerhalb dieser Religionen Lachen und Humor gegeben.   

Im Judentum ist bis heute ein geistvolles Humorerbe überliefert worden, z.B. wusste ich nicht, dass der jüdische Name Isaak übersetzt lautet: Er wird lachen.

Ich habe gelesen, dass es im mittelalterlichen Christentum die Pfarrer zu Ostern ihre Gemeinden mit Witzen erheitert haben. Und in den islamischen Ländern hielt Nasreddin Hodscha seine Gemeinde zum Humor und Lachen an. Das bedeutet: Humor und eben auch Lachen haben eine lange Tradition. Lachen ist das Eine, Humor ist aber noch mehr als Lachen, denn Humor ist eine sehr schöpferische Fähigkeit und hat mit Hoffnung, Zuversicht und Glauben zu tun.

Warum wird dann in den heiligen Häusern viel zu wenig gelacht und das sogar mit Gottes Erlaubnis? Weil die Pflichten wichtiger sind und Gebote dadurch ins Hintertreffen kommen? Oder hat man Angst, nicht nur mit Gott zu lachen, sondern über ihn?

In der 51. Sure Ad-Dariyat – Die Aufwirbelnden, Vers 16 heißt es: „Sie (die Gottesfürchtigen) empfangen die Gaben ihres Herrn, denn sie hatten zuvor Gutes getan.“ Gutes tun, das bedeutet auch freundlich sein, lachen, mit jemanden scherzen, vielleicht lacht sogar Gott mit?

Bleiben wir beim Koran. In der frühen mekkanischen 83. Sure „Al-Mutaffifin – Die das Maß Verkürzenden“, Vers 29-36 steht: „Die Missetäter verlachten die Gläubigen. Wenn sie an ihnen vorübergingen, zwinkerten sie sich zu, und wenn sie zu ihren Angehörigen kamen, wurden sie wieder frohgemut. Sahen sie die Gläubigen, sprachen sie: ‚Diese da befinden sich im Irrtum!‘ Doch sie wurden nicht als Hüter über sie gesandt. Heute aber lachen die Gläubigen über die Ungläubigen. Sie liegen auf Ruhepolstern, sie schauen umher, ob den Ungläubigen vergolten wird, was sie taten.“  

Im ersten Teil des Koranverses wird der Zustand der Gläubigen zu ihren Lebzeiten so beschrieben: Sie werden von den Vielgläubigen ausgelacht und verhöhnt, weil sie sich Muhammads Gemeinschaft und seinen Verkündigungen angeschlossen haben. 

Sie sind überzeugt, dass Muhammad nur eine Art Zauberer und Schwindler ist. Sie machen sich über die Gläubigen lustig, zwinkern sich gegenseitig zu, wenn sie den Gläubigen begegnen; und wenn sie dann unter sich sind, lachen sie und meinen, dass nur sie die Wahrheit besitzen. Heute, bzw. im Paradies sind es die Gläubigen, die über die irrenden Vielgläubigen lachen. Dieses Lachen ist wie ein Siegeszeichen, ein Zeichen von Stärke und Überlegenheit. Dennoch, auch wenn ich meine, Gott zwinkert mir lächelnd und mit etwas Humor und Spott in den Gesprächen mit mir zu, verbietet es sich von vornherein, über Ihn zu spotten, denn Er ist der Erschaffer von Allem, auch von einem Lächeln. Es steht den Menschen einfach nicht zu.

Aber dennoch, wie eine Mahnung zieht sich Spott durch den Koran und etliche Verse stellen fest, dass nicht nur Muhammad diesen Spott für sein Glauben ertragen musste, sondern auch die Propheten vor ihm. So heißt es in der 23. Sure „Al-Mu’minun – Die Gläubigen“, Vers 110: Doch ihr (die Vielgläubigen) triebt euren Spott mit ihnen (die Gläubigen) bis es euch die Erinnerung an Mich vergessen ließ, während ihr sie verlachtet.“ 

Wir erfassen den Koran als eine ästhetische Schönheit. Der Prophet Muhammad soll gesagt haben: „Gott ist schön und liebt die Schönheit.“ Schönheit als Ausdruck der Vollkommenheit. Und so vollkommen hat Gott auch den Menschen erschaffen. In der 95.Sure „at-Tin- Der Feigenbaum“, Vers 4 heißt es: „Wahrlich, Wir haben den Menschen im schönsten Ebenmaß (in bester Form) geschaffen.“ Und gehören nicht ein gutes Lachen und Humor auch zur Schönheit dazu? 

In der 5.Sure „Al-Ma’ida – Der Tisch“, Vers 83 heißt es über die Zuhörer einer Rezitation: „Und wenn sie hören, was zum Gesandten herabgesandt worden ist, siehst du ihre Augen von Tränen überfließen ob der Wahrheit, die sie erkannt haben … “ Weinen und lachen: Ausdrücke von Gefühlen der Wahrheit.

Rumi stellte fest: „Derjenige, der Frieden gefunden hat, kann gar nicht anders als lächeln.“ Viele der neueren Untersuchungen stellten fest, dass Lachen und Humor Körper und Geist, also Verstand fordern und fördern und sie verbinden die Menschen miteinander. Man könnte sogar sagen: Humor ist Toleranz und Verbindung zu anderen Religionen. Hat nicht ein guter Witz als Zeichen von Humor viele Menschen, ungeachtet welcher Religion, zum Lachen gebracht? Humor hat eine besondere Fähigkeit, etwas auch aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten, sogar sich selbst. Über sich selbst lachen zu können, um sich zu verbessern, sozusagen mit seinem Spiegelbild in sein Inneres, in sein Herz zu sehen, ist schon eine besondere Kunst. Menschen mit einem schlechten Charakter können wohl kaum über sich selbst schmunzeln. Humor spielt im Grunde mit einer Situation, also mit der Wirklichkeit und sollte sie nicht zu ernst nehmen, sondern nur mit einer gewissen Leichtigkeit auf Fehler oder Unschönes hinweisen. Dadurch könnte sich auch die Handlungsfähigkeit und Spielraum erweitern.

Wie war der Prophet Muhammad? Viele Ãœberlieferungen besagen, dass er gescherzt habe und wohlwollenden Humor gehabt hätte, laut lachen konnte, so dass man sogar seine Weisheitszähne gesehen hätte.   In einem Hadith erzählt Buchary: „Einmal kam ein Mann zum Propheten und rief. ‚O Gesandter Gottes!  Ich bin verloren. Ich habe im Ramadan meiner Frau beigewohnt.‘ Der Prophet sprach: ‚Hast du einem Sklaven, den du freilassen könntest?‘ Er sprach: ‚Nein!‘ ‚Kannst du zwei Monate hintereinander fasten?‘ ‚Nein!‘ ‚Kannst du 60 Arme speisen? „Nein!‘ Der Prophet überlegte und sprach: ‚Dann nimm diese Datteln und gib sie als Almosen einem, der ärmer ist als du.‘ ‚O Gesandter Gottes‘, antwortete der Mann, ‚bei Gott, in ganz Mekka gibt es kein ärmeres Haus als das meine!‘ Da lachte der Prophet, dass seine Weisheitszähne sichtbar wurden und sagte: ‚So gib die Datteln eben deiner Frau.‘ Der Prophet lacht und entscheidet, aus einer Strafe eine Chance in Form einer Belohnung zu machen. – So haben beide gewonnen, der eine einen dankbaren Gläubigen, der andere zur Bestrafung ein Geschenk.

War das ein mitfühlender Humor und vielleicht sogar ein scherzhaftes über sich selbst Lachen? 

Es gibt viele humorvolle Geschichten im arabischen Raum, denken wir nur an die der „1001 Nacht“ oder die Geschichten aus den Mündern von Narren. Der bekannteste unter ihnen war Nasreddin Hodscha. Diese ‚heiligen Narren‘ stellten die moralischen Vorstellungen scheinheiliger und frömmlerischer Männer mit Humor und Ãœberspitzungen und mit aufklärerischer Absicht einfach auf den Kopf. Sie wollten damit sagen: Keiner hat Anspruch auf die Wahrheit, denn die Wahrheit des Menschen bleibt im Gegensatz zur Wahrheit Gottes immer begrenzt. 

Der Hodscha predigte einmal in Konya in der Moschee. ‚Der Himmel in dieser Stadt‘, sagte er zu den Gläubigen, ‚ist derselbe wie bei uns in Aksehir.‘ ‚Woher weißt du das?‘, fragten die Gläubigen. ‚Hier gibt es genauso viele Sterne wie in Aksehir. Wenn ihr es nicht glaubt, zählt sie‘, antwortete der Hodscha.

Gerade Witz und Humor sind ein besonderes Ventil, um Sorgen und Not der Menschen zum Ausdruck zu bringen:  Ein lockeres Umgehen mit seinem ganzen Leben, es nicht allzu ernsthaft nehmen; mit einer gewissen Leichtigkeit den Unbilden und Mühsal im Alltag begegnen.

Darf der Islam als eine Religion angesehen werden, die nach dem Vorbild ihres Religionsstifters das Lachen seinen Gläubigen empfiehlt? Humor als ein Weg des Friedens und Unterwerfung unter Gott? Ich denke, das ist ein richtiger und wichtiger Schritt. 

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